Sonntag, 27. September 2009

Ein droenendes Namaste aus dem matschigen Hassan!

Und schon wieder ist eine Woche rum und ihr da draussen in der Zivilisation wartet sicher schon sehnsuechtig auf Rauchzeichen von uns.

Also, vom anfänglichen Wohnungs-Schreck haben wir uns vollständig erholt und fuehlen uns doch sehr heimelig in unserer Hoele – der Mensch ist eben flexibel!

Jetzt aber doch mal zu unseren aufregenden Erlebnissen der letzten Woche:


Am Dienstag gings in einer riesigen Karawane, die sich aus 4 hochmotivierten, shoppingbegeisterten indischen Frauen, Sunny unserem sehr mueden Mentor, Girrish dem Herr des Lenkrads und aus uns zwei zusammensetzte, zu einer rundum Shoppingtour in das hektische 120.000 Seelen Staedtchen Hassan (Kleinstadt fuer indische Dimensionen - fast nie auf irgendwelchen Landkarten zu finden). Die Einkaufsliste schrieb in erster Linie ein neuen Shalva kamees (3 teiliges indisches Dress) und vorallem den ersten Sari. Gesagt getan! Der erste Sari-Hinterzimmer-Verkauf war nach Auffassung der geschulten Haus- und Ehefrau unseres Projektdirektors unfreundlich und voellig ueberteuert.


Unverrichteter Dinge gings in einen Shop der Mädchen-Kitsch-Herzen hoeher schlagen lässt: von Ohrringen, ueber Armreife (Bangles), bis hin zu den beruehmten indischen Bindhis war alles zu haben und zwar in allen denkbaren Gitzer-, Glitter- und Schnoerkelausfuehrungen. Hier haben wir dann auch erstmal ordentlich zugeschlagen; sind allerdings jetzt schon der Meinung das wir noch längst nicht genug von dem Klimbim haben.


Im Vorbeischlendern haben wir dann ziemlich kurz darauf unsere Traumstoffe gefunden. Danach ging alles recht flott wir haben uns fuer die Stoffe entschieden und sind dann von den 4 Frauen zur Seite geschoben worden und das knallharte Verhandeln ging los. (Wir haben zwar kein Wort verstanden aber an Gestik und Mimik konnten wir doch ablesen, wie Hausfrauen den Stoff haargenau unter die Lupe nehmen und ihn dann vor dem Verkaeufer systematisch schlecht machen). Und siehe da, am Ende hatten sie den Preis um 1/3 reduziert und wir waren ueber glücklich.

Im Moment ist der Stoff beim Schneider und wird maßgefertigt. Und wir sind jetzt schon gespannt wie zwei Flitzeboegen auf das Ergebnis.

Danach sind wir noch beim Sari-Outlet mit Grabbeltischen vorbei gehuscht und haben auch prompt drei 1A-Modelle gefunden und gekauft. Nach diesem erfolgreichen Großeinkauf gings glücklich aber auch voellig erledigt zuruek in unser zu Hause auf Zeit.


In der Wohnung angekommen haben wir dann auch gleich erstmal eine „after-shopping-revival-party“ veranstaltet um uns nochmal an unserer Beute zu erfreuen; auch die beiden Lehrerinnen waren ganz wild darauf uns provisorisch in unsere Saris-Stoffe zu wickeln und Fotos zu schießen (eine Leidenschaft die alle Inder zu vereinen scheint).


Der folgende Tag war nicht weniger aufregend! Nichts ahnend und darauf eingestellt keinen Schritt, in der, unser Meinung nach, schwierigsten Sprache der Welt, voranzukommen (wir sind echt zwei hoffnugslose Faelle aber die Lehrerinnen sind super) wurde uns nach einem reichhaltigen Fruehstueck eroeffnet, dass wenn wir Lust haetten in 20 minuten Abfahrt zu einer indisch,christlichen Hochzeit waere und dass sich das Brautpaar riesig ueber unser Kommen freuen wuerde. Wir waren natuerlich sofort aus dem Haeuschen, allerdings war recht schnell klar, dass uns der Ritt nicht an unserer Wohnung vorbei fuehren wuerde um uns annähernd angemessen zu stylen oder sei es nur die Kopfzotteln zu bändigen – nichts von alle dem! Also gings in unserer einfachen Alltagskleidung auf die pompoeseste und bunteste Hochzeit, die wir bis jetzt erlebt haben. Schon allein die Kirche haetten wir uns in unseren kuehnsten Traeumen nicht ausmalen koennen, wie sie hier im realen Leben wirklich exestiert. Wir sagen nur so viel wie: blinkende Kruzifixe, ueber und ueber bunt bemalte Waende und die Gold-Roben der gefuehlten 20 Priester nahmen unseren Blick als erstes in Gefangenschaft und liessen ihn bis zum Verlassen nicht wieder frei. Auch Hochzeitskleid und Anzug des Braeutigams fuer die kirchliche Zeremonie, haetten orginal aus Barbies und Kens World entsprungen sein koennen. ( gemeinerweise muss man sagen, die bunte,schillernde Hochzeitsgesellschaft in ihren Festtagssaris waren schoener als die Braut).


Die Kroenung dieser ganzen Disney-Inszenierung, allerdings war die Location, die sich uns in ihrer ganzen Pracht darbot als wir nach einer holprigen Fahrt einmal quer durch Hassan am Tatort ankamen: Blumentorbogen mit monstroesem Banner, dahinter sofort der liebliche Wasserfall und die Vogelvoliere mit herzig zwitschernden Wellensittichen.


Ueber einen fuerstlichen Aufstieg gings in den Thronsaal (und das ist unser voller Ernst).Auf einer Buehne standen zwei aeusserst majestaetische, plueschige, gueldene Throne/Throene oder wahlweise auch Throns (das wir uns bei der Mehrzahl schwer tun, spiegelt ganz gut unsere Fassungslosigkeit bei diesem Anblick wieder!!) auf denen das frischvermälte Paar platznahm. Fuer den „Hofstaat“ war ein Meer an roten Plastikstuehlen sehr liebevoll vor der Buehne drappiert. Allerdings verliessen wir dieses Etabilssement nach kuerzestem Verweilen wieder und stiegen hinab in die Kattakomben um der wichtigsten Beschäftigung eines Inders, dem Essen, nachzugehen. Gegessen wurde von einem Bananenblatt und Essen gabs sozusagen am Fliesband: eine Servicetruppe von geschaetzten 30 Mann sausten mit unterschiedlichen Chutneys, Sambas, Reis, Puris, Nudel-Gries-Milchspeise und vielem mehr zwischen den Tischen hin und her und klatschten jedem von allem was aufs Bananenplatt – wobei die Hand zum Loeffel umfunktioniert worden war. YAMMY!


Unsere Koepfe schwangen immer froehlich von rechts nach links bis das Blatt reichlich gefuellt war. Allerdings ging dann erst der eigentliche Spass fuer uns los – mit den Fingern essen und das auf Zeit - was uns auch nicht so klar gewesen ist. Chapathi und Puris sind wirklich machbar, aber dieser Milchreis - ohne Reis dafuer mit Nudeln, war eine einzige Show. Die Inder um uns herum brachen regelrecht in schallendes Gelaechter aus; das besserte sich auch nicht als wir den streng geplanten Essens-Schichtbetrieb wegen zu langsamem Essen aufhielten.


Danach war dann recht zuegig Schluss mit dem Vergnuegen. Allerdings ohne Haendeschuetteln und großes Gruppenfoto mit dem Brautpaar lies man uns nicht von dannen ziehen. Außerdem beteuerten sie uns, dass sie uns ja so dankbar wären, dass wir gekommen sind und uns fuer sie Zeit genommen haben. --> Wir waren NICHT eingeladen und waren dankbar das man uns geduldet hat und dann solche Beteuerungen?! Die Verwirrung war groß.



















Braut und Brauetigam


Das waren unsere Wochen-Highlights, ansonsten haben wir noch immer viel Zeit fuer uns und vertreiben sie uns mit Kanada lernen (wir bemuehen uns raetlich). Oder wir basteln „teaching-materials“, haben das Gefuehl ununterbrochen zu essen und haben uns deshalb seit gestern ein Fitness-workout-Programm aufgezwungen was wir versuchen wollen einzuhalten um in Kuerze die Saris ohne Scham, dafuer aber mit wohlgeformten „Sari-Baeuchen“ tragen zu koennen.


Wir haben wahnsinnig viel Spass zusammen! Und das nächste mal erzaehlen wir euch wie und warum man Autos, Schränke und Plastikstuehle ehren und anbeten sollte und das es einen festgesetzten Tag fuer diese handlungen hier im Land, wo alles moeglich scheint, gibt. Bis bald!

Preya und Manjula, unsere Kannadalehrerinnen& Freundinnen

Mili und Milli













3 Kommentare:

  1. Hallo liebe Hochzeitsgäste
    köstlich, euer neuer Blog-Eintrag. Ihr schreibt so anschaulich, dass man meint selbst auf dem Plastikstuhl zu sitzen. Da freut man sich schon auf die nächste Folge "Milena und Djamila, life"

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  2. Hallo erst ma...
    Ich muss sagen ich bin soo neidisch! Bin grad nämlich noch mitten im Abistress aber wollte trotzdem schonmal fragen was ihr eigentlich von der Organisation und allem drumrum haltet. Ich bin nämlich auch sehr sehr an solchen Projekten wie grad dieses interessiert! Geht das nur zu zweit? Könnt ihr mir sonst irgendetwas zur Organisation empfehlen?
    Tausend grüße an Indien! (und euch auch, und viel Spaß!)
    Tomas

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  3. ein hallo zurueck!
    also erstmal danke fuer dein interesse! wir machen hier super erfahrungen und fuehlen uns auch in der oragnisation sehr gut aufgehoben. wir sind ueber das weltwaerts-programm mit der karl-kuebel-stiftung, bensheim hier, die die eigentliche organisation uebernimmt und uns auch sehr gut vorbereitet hat (an dieser stelle vielen dank an frau tietz und ihre kolleginnen!). Im moment laeuft, soviel ich weiss das bewerbungsverfahren fuer naechstes jahr. allerdings nimmt die karl-kuebel-stiftung, soviel ich weiss, nur frauen. aber es gibt bestimmt aehnliche projekte ueber das weltwaerts-programm, du solltest dich auf jeden fall jetzt informieren, bewerbungsschluss ist oft schon ende des jahres! ich wuensche dir viel glueck beim suchen!
    viele gruesse aus indien! djamila

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